17. Des armen Sünders Advents-Verlangen und göttlicher Trost

1 Warum willst Du draußen stehen,
Du Gesegneter des Herrn?
Laß Dir bei mir einzugehen
wohlgefallen, Du mein Stern!
Du mein Jesu, meine Freud',
Helfer zu der rechten Zeit;
hilf, o Heiland meinem Herzen,
von den Wunden, die mich schmerzen.

2 Meine Wunden sind der Jammer,
welchen oftmals Tag und Nacht
des Gesetzes starker Hammer
mir mit seinem Schrecken macht.
O der schweren Donner-stimm,
die mir Gottes Zorn und Grimm
also tief ins Herze schläget,
daß sich all mein Blut beweget!

3 Dazu kömmt des Teufels Lügen,
der mir alle Gnad absagt,
als müßt ich nun ewig liegen
in der Hölle, die ihn plagt;
ja auch, was noch ärger ist,
so zermartert und zerfrißt
mich mein eigenes Gewissen
mit vergift'ten Schlangenbissen.

4 Will ich dann mein Elend lindern
und erleichtern meine Noth
bei der Welt und ihren Kindern,
fall ich vollend's in den Koth:
Da ist Trost, der mich betrübt,
Freude, die mein Unglück liebt,
Helfer, die mir Herzleid machen,
güte Freunde, die mein lachen.

5 In der Welt ist alles nichtig;
nichts ist, das nicht kraftlos wär':
hab ich Hoheit, die ist flüchtig;
hab ich Reichtum, was ist's mehr,
als ein Stücklein armer Erd?
hab ich Lust, was ist sie werth?
Was ist, das mich heut erfreuet,
das mich morgen nicht gereuet?

6 Aller Trost und alle Freude
ruht in Dir, Herr Jesu Christ;
Dein Erfreuen ist die Weide,
da man sich recht fröhlich ißt.
Leuchte mir o Freudenlicht,
ehe mir mein Herze bricht;
laß mich, Herr, an Dir erquicken,
Jesu komm, laß Dich erblicken.

7 Freu dich, Herz, du bist erhöret,
jetzo zeucht Er bei dir ein,
sein Gang ist zu dir gekehret,
heiß Ihn nur willkommen sein,
und bereite dich Ihm zu,
gieb dich ganz zu seiner Ruh,
öffne dein Gemüth und Seele,
klag' Ihm, was dich drückt und quäle.

8 Was du Böses hast begangen,
das ist alles abgeschafft;
Gottes Liebe nimmt gefangen
deiner Sünden Macht und Kraft;
Christi Sieg behält das Feld,
und was Böses in der Welt
sich will wider dich erregen,
wird zu lauter Glück und Segen.

9 Alles dient zu deinem Frommen,
was dir bös' und schädlich scheint,
weil dich Christus angenommen
und es treulich mit dir meint.
Bleibst du deme wieder treu
ist's gewiß und bleibt dabei,
daß du mit den Engeln droben
Ihn dort ewig werdest loben.

Text Information
First Line: Warum willst Du draußen stehen
Title: Des armen Sünders Advents-Verlangen und göttlicher Trost
Author: Paul Gerhardt (1676)
Language: German
Publication Date: 1848
Topic: Vom Advent und der heiligen Menschwerdung Jesu Christ; Advent and Incarnation of Jesus Christ
Notes: Mel. Jesu deine heil'ge Wunden
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