223. Schmücke dich, o liebe seele!

1 Schmücke dich, o liebe seele!
Laß die dunkle sünden-höhle,
Komm ans helle licht gegangen,
Fange herrlich an zu prangen:
Denn der Herr, voll heil und gnaden,
Will dich jetzt zu gaste laden;
Der den himmel kann verwalten,
Will jetzt herberg in dir halten.

2 Eile, wie verlobte pflegen,
Deinem bräutigam entgegen,
Der da mit dem gnaden-hammer
Klopft an deine herzens-kammer;
Oefn' ihm bald des geistespforten,
Red ihn an mit süssen worten:
Komm, mein liebster, laß dich küssen,
Laß mcih deiner nicht mehr missen.

3 Zwar beym kaufen theurer waaren
Pflegt man sonst kein geld zu sparen:
Aber du wilst für die gaben
Deiner huld umfonst mich laben;
Weil in allen bergwerks-gründen
Kan man kein solch kleinod finden,
Das die blutgefüllten schaalen,
Und dis manna kan bezahlen.

4 Ach! wie wünschet mein gemüthe,
Menschen-freund! nach deiner güte;
Ach wie pfleg ich oft mit thränen
Mich nach deiner kost zu sehnen!
Ach! wie pfleget mich zu dürsten
Nach dem trank des Lebens-Fürsten;
Hilf, daß meine seelenkräfte
Spüren neue lebenssafte.

5 Beydes zittern und auch freude
Würket diese seelen-weide:
Das geheimniß dieser speise
Und die unerforschte weise
Machet, daß ich früh vermerke,
Herr, die grösse deiner werke.
Ist auch wohl ein mensch zu finden,
Der die allmacht kan ergründen?

6 Nein! vernunft die muß hier weichen,
Kan dies wunder nicht erreichen,
Daß dies brodt nie wird verzehret,
Ob es gleich viel tausend nähret,
Und daß mit dem saft der reben
Uns wird Christi blut gegeben.
O der grossen heimlichkeiten,
Die nur Gottes Geist kan deuten.

7 Jesu, meines Lebens-Sonne,
Jesu, meine Freud und Wonne!
Jesu, du mein ganz beginnen,
Lebens-Quell und licht der sinnen!
Hier fall ich zu deinen füssen,
Laß mich würdiglich geniessen
Dieser deiner himmels-speise,
Mir zum heil und dir zum preise.

8 Herr, es hat dein theures lieben
Dich zu uns herab getrieben,
Daß du willig hast dein leben
Für uns in den tod gegeben,
Und dazu ganz unverdrossen,
Herr, dein blut für uns vergossen,
Das uns jetzt kann kräftig tränken,
Deiner liebe zu gedenken.

9 Jesu, wahres brod des lebens!
Hilf, daß ich doch nicht vergebens,
Oder mir vielleicht zum schaden,
Sey zu deinem tisch geladen:
Laß mich durch dies seelen-essen
Deine liebe recht ermessen,
Daß ich auch wie jetzt auf erden,
Mög ein gast im himmel werden.

Text Information
First Line: Schmücke dich, o liebe seele!
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Vom heiligen Abendmahl; The Lord's Supper
Tune Information
(No tune information)



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