232. Was hinket ihr, betrogne seelen

1 Was hinket ihr, betrogne seelen,
Noch immerhin auf beyder seit?
Fällts euch zu schwer, Das zu erwehlen,
Was euch des himmels ruf anbeut?
O sehts mit offenen augen an,
Und wandelt auf der schmalen bahn.
Hindurch!

2 Bedenkt, es sind nicht kaiser kronen,
Nicht reichthum, ehr und lust der welt,
Womit euch Gott will ewig lohnen,
Wenn euer kampf den steg erhält:
Gott selbst ists und die ewigkeit,
Voll lust und ruh, voll seligkeit
Hindurch!

3 Drum gilt hier kein halbirtes leben,
Gott krönet kein getheiltes herz.
Wer Jesu sich nicht recht ergeben,
Der macht sich selber müh und schmerz,
Und träget zum verdienten lohn
Hier quaal, und dort die höll davon.
Hindurch!

4 Wer aber mit gebet und ringen,
Auf ewig allem abschied gibt,
Und den Monarchen aller dingen
Von herzen und alleine liebt,
Der wird der krone werth geschätzt,
Und auf des königs stuhl gesetzt
Hindurch!

5 Zerreisset dann die morschen schlingen,
Die euch in diesem schönen lauf
Verhindern, und zum säumen bringen,
Und raft euch heut von neuem auf.
Auf, auf, verlaßt die falsche ruh.
Auf, auf! es geht zum himmel zu.
Hindurch!

6 Auf, auf! ist dieser weg schon enge,
Und voller dorn und rauher stein;
Bringt euch die welt oft ins gedränge;
Stellt satan sich geharnischt ein;
Erhebet sich sein ganzes reich:
Immaneul ist auch bey euch.
Hindurch!

7 Gott fordert nichts, geliebte seelen,
Als daß ihr euch nur zu ihm halt't,
Und ohne heuchlerisch verheelen
Vor ihm die schwachen hände faltæt.
Er streit't für euch; er macht euch bahn
Trot dem, der euch besiegen kan.
Hindurch!

8 Die allmacht stehet euch zur seiten,
Die weisheit hält bey euch die wach,
Die Gottheit selbsten will euch leiten;
Folgt nur met treuen schritten nach.
Wie manche hat nicht diese hand
Schon durchgeführt ins vaterland?
Hindurch!

9 Nur spart es nicht auf andre zeiten
Ihr habt schon itzo veil versäumt.
Ihr mehrt euch selbst die schwierigkeiten,
Wo ihr das süsee heut verträumt.
Eilt, eiler! denn die gnaden zeit
Kennt zügellos zur ewigkeit.
Hindurch!

10 Laßt euch das fleisch nicht träge machen,
Verfluchet seine zärtlichkeit.
Ihr gebt euch ja um eitle sachen
In tausend müh und fährlichkeit:
Wie? daß ihr um das höchste gut
So faul, verzagt und forglos thut.
Hindurch!

11 O, sehet nicht das arme leben,
Und den geringen hausrath an!
Will Joseph euch doch Gosen geben,
Und mehr, als erd und himmel kan.
Wer ist um thone und sand betrübt,
Wenn man ihm gold und silber gibt?
Hindurch!

12 Eilt, faßt einander bey den händen,
Seht wie ist unser ziel so nah,
Wie bald wird unser kampf sich enden,
Da steht dann unser könig da:
Er führt uns ein zur stillen ruh,
Und urtheilt uns das kleinod zu.
Hindurch!

Text Information
First Line: Was hinket ihr, betrogne seelen
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Vom wahren und falschen Christenthum; True and False Christianity
Notes: Mel. Wer nur den leiben G.
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(No tune information)



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