602. Unendlicher, ich fühl' es wohl

1 Unednlicher, ich fühl' es wohl,
Daß ich, wie Rahel sterben soll.
Wie eine taube girre ich:
Denn fürchterlich
Stürzt schmerz und todesangst auf mich.

2 Heut trist mich deines fluches last,
Den du im zorn gedonnert hast:
Mit schmerzen sollt ihr mütter seyn!
Und todespein
Stürmt brausend in mein herz hinein.

3 Gleich felsen fallen auf mich hin
Die schmerzen der gebährerin.
Ach, könt' ich doch von jenen höhn
Das glück erflehn,
Den kleinen schmerzen-sohn zu sehn.

4 Herr, der vor meine missethat
Am creutze einst gebluter hat,
In deinem schmerzen seh ich dich
Laut rufe ich:
Mein Gott, warum verläßst du mich?

5 Jedoch, du kennest meine noth,
Dein wille nur gesche', o Gott!
Ich kämpfe, Gottmenich wie du dort,
Im garten fort,
Und fühl' in jeder nerve mord.

6 Ich schau nach tausend schmerzenswehn,
Erbarmer, auf zu deinen höhn!
Schon steht der todesengel da,
Doch glänzet ja
Auch mir ein trost von Golgotha.

7 Nun, armes herze, kämpfe nur
Den kampf der sündigen natur;
Denn Jesus, er! mein Herr und Gott!
Mein Herr und Gott!
Stärkt mich in meiner todes-noth.

8 Doch, welch ein weinerlicher ton
Schallt um mich her? es ist mein sohn,
Mein Benjamin, der nach mir sieht,
Der schmerz entflieht,
Nun sterb' ich gerne. Sie verscheid.

9 So zieh dann im triumphe hin,
Erlös'te junge kämpferin.
Vor des erhöhten Lammes thron
Erwarter schon
Auch dich der streiterinnen lohn.

10 Dort schmückt der grosse menschenfreund
Mit thränen, die du hier gewient,
Dir deine krone, die, wie pracht
Der sterne lacht
In einer klaren winternacht.

11 Ihr jungen mütter, lernet heut
Den hohen christenmuth im streit,
Und strebet auf der tugend bahn
Nach Canaan
Zur freundin, und zu Gott hinan.

Text Information
First Line: Unendlicher, ich fühl' es wohl
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Vom Tode und der Auserstehung; Death and Resurrection
Notes: Mel. wie flieht dahin der m.
Tune Information
(No tune information)



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